Mittwoch, 23. September 2015

Hagia Sofia, blaue Moschee, Medusa und Bazar -- Hardcoretouritag in Sultanahmet

Nun sollte richtig Istanbultourismus gemacht werden. Wir waren ja noch nicht in der blauen Moschee gewesen. Ganz zu schweigen von der Hagia Sofia. Und wir würden uns auch in einen Bazaar trauen. Bei den vielen Besuchern und der Kaufkraft, die umherlief, waren wir sicher, dass unser kleines Grüppchen bestimmt nicht als der grosse Geldbringer behandeld werden würde. Das waren alles Erinnerungen aus Türkeiaufenthalte von vergangen Zeiten und kleineren Orten. Damals war es wirklich so, dass man ständig am Ärmel gezupft wurde, damit man in einen Laden geht.

Am Abend sollte ein Fischrestaurant unter der Galata Brücke besucht werden. Dabei wollte ich einige Nachtaufnahmen von illuminierten Skyline Istanbuls machen, aber das kommt zum Schluss.

Wir nahmen also die Tram über die Galatabrücke und kamen am Platz zwischen Hagia Sofia und blauer Moschee an.

Hagia Sofia

Zehn Jahre vorher, so um 2002 herum, war ich schon einmal hier. Damals war hier eine dreckige Strasse. 2013 ist hier nun eine großzügige Fußgängerzone.

Kurz diskutierten wir die Reihenfolge der Besuche. Dann starteten wir mit einem Besuch in der blauen Moschee. Die würde über das Mittagsgebet geschlossen.


Die Schlange vor dem Eingang kündigte an, dass wir etwas mehr Zeit einplanen sollten. Aber es ging recht zügig weiter. Es galt nur die Schuhe auszuziehen und zu verstauen.

Wartende vor der blauen Moschee

Innen konnte vor der Absperrung die Architektur bewundert werden.

Touristen in der blauen Moschee von Istanbul

Die mächtigen Säulen stützen eine große Kuppel. Es soll, wie bei einer Kirche auch, den Himmel darstellen, unter dem sich die Gläubigen versammeln:

Kuppel der blauen Moschee von Istanbul

Wie bei einer Kirche gibt es auch Glasfenster. Aber eben keine figürliche Darstellungen. Sie sind auch nie richtig symmetrisch:

Die Fenster der blauen Moschee sind ohne figürliche Motive

Mit dieser Aufnahme glaube ich die Funktionsweise einer Moschee ganz gut eingefangen. Wenn man mal von den Touristen zur rechten absieht. Links ist die Kanzel des Vorbeters Richtung Mekka. Und dann ist da die Teppichfläche. Auf dieser verneigen sich die Gläubigen. Alle sind dabei prinzipiell gleichrangig. Zwar sind Männer und Frauen getrennt, aber für weltlichen Würdenträger gibt es keinen speziellen Platz! Zwar hat auch die muslimische Gesellschaft ihre Hierarchie, diese wird aber in der Moschee gar nicht deutlich. Angeblich soll in den Durchgängen zum Hof der Moschee eine Eisenkette eingelassen sein, so daß der Sultan nicht erhobenen Hauptes einreiten konnte.

Kanzel, Teppich und Zuschauer in der blauen Moschee

Ganz im Gegensatz dazu verdeutlicht die Hagia Sofia genau diese Struktur in der Gesellschaft. Kaiser Justinian hat sie bauen lassen um seine Macht im wahrsten Sinne des Wortes zu zementieren. Vorher wurde der Nika-Aufstand niedergeschlagen. Dieser nahm seinen Ausgang im Hippodrom, das damals am Platz der blauen Moschee stand. Leider waren die Aufständischen in Anhänger von Pferderennmannschaften gespalten und es gelang Justinian die Gruppe der Grünen zu bestechen. Und so kam es zu einem teilen und herrschen. Nach ca. 30.000 toten Aufständischen war aller Widerstand gebrochen.

Durch ein Tor der blauen Moschee wird auf die Hagia Sofia geblickt

Vorher aber noch einen Abstecher zur Medusa in der Unterwelt. Diese wohnt in einem unterirdischen Wasserreservoir. Zwar hatte ich ein Stativ dabei, aber bei der Menge an Besuchern war es sinnvollerweise verboten eines aufzustellen.

Ein Schild in der Zisterne von Istanbul weist auf die Medusa hin

Tief durchatmen und schon funktioniert das einigermaßen mit der langen Belichtung.

Eine Gruppe von Touristen macht Fotos von der Medusa,

Die Medusa ist ein Überbleibsel eines Temples aus uralten Zeiten. Mit neuen Religionen war es um den Bestand der Anlagen geschehen. Und so wurden die Steine des alten Temples einfach wieder verwendet. Und dabei konnte man die alten Zeiten tüchtig verhöhnen, in dem man die alten Götter auf den Kopf stellt.

Das Gewölbe der Zisterne von Istanbul

Es ist wirklich erholsam frisch hier unten. Hätte ich das Stativ doch nur benutzen können. Von allen Versuchen ist dieser hier noch der beste.

In Mumbai stand ich schon einmal auf einem Wasserreservoir. Das wurde in längst vergessenen Zeiten angelegt und dann einfach verwendet. Als Besucher merkt man die Arbeit gar nicht und würdigt es auch nicht so richtig. Eigentlich schade.

Egal, der Tag ging weiter mit einem Besuch bei der Hagia Sofia. Und deutlich ist der große Unterschied Dom und Moschee zu sehen. Der Dom spiegelt deutlich die Struktur der Gesellschaft wieder. Unten ist der Platz für die kleinen Leute und oben ist der Platz der Kaiser. Das Bauwerk war anscheinend so beeindruckend, das die Eroberer zunächst nur die Schilder aufgehängt hatten und eine Kanzel Richtung Mekka eingefügt. Zur Zeit Atatürks wurde es ein Museum und soll neuerdings wieder als Moschee genutzt werden. Deswegen hat man auch die Leuchter nach unten gehängt. Durch ihr Licht kann man vom Boden nicht mehr richtig die oberen Etagen wahrnehmen.

Blick von der Galerie auf den Innenraum der Hagia Sofia

An den Galerien sind noch viele Mosaike erhalten. Dieses hier zeigt Justinian und seine Frau abgebildet. Sie stehen auf einer Ebene mit Maria und dem Kind. Welch ein Anspruch! So stellte er sich als Nachfahre der römischen Kaiser dar.

Maria und das Kind steht zwischen dem Königspaar.

Die Gewölbe sind genauso gebaut wie die Gewölbe unten in der Zisterne. Sie stammen anscheinend aus der selben Baumeisterschule.

Es ist das gleiche Gewölbe wie bei der Zisterne

Selbstverständlich konnte der Kaiser in die oberen Etagen auf einem Pferd reiten. Die Verzierung ist zwar ein bisschen in die Jahre gekommen und war bestimmt einmal viel glanzvoller.

In Speyer und Bamberg konnten die wichtigen Leute auch hinein reiten. Vermutlich gibt es noch mehr solche Dome.

Mit Pferden wurde hoch auf die Galerie geritten.

Nach diesem Pflichtprogramm der Sehenswürdigkeiten Istanbuls und einem kurzen Aufenthalt in einem Kaffee an der Rückseite der Hagia Sofia beschlossen wir einen Besuch in einem Bazaar zu riskieren. Es war ja bisher alles gut verlaufen.

Ich erinnerte mich an den dreckigen, riesigen Bazaar und wurde angenehm überrascht:

Der Bazaaar ist mittlerweile eine moderne Mall

Es gab Fernsehwerbung und die Stände haben sich in richtige Geschäfte, manche davon sogar mit Klimaanlage, verwandelt. Und wie um die Zusammensetzung des Publikums zu untermalen, hörten wir kurz danach eine Durchsage auf Englisch, die sich an einen Prahul wandte. Es war eine Frauenstimme, die ihn in fast akzenztfreiem Englisch ermahnte doch wieder zurückzukommen. Sie schloss mit "Listen carefully". Es war eine indische Familie auf Shopping im grossen Bazaar von Istanbul!

Jeder wird in der Mitte des Bazaars diesen Brunnen entdecken können. Dieser liegt genau auf der Kreuzung der Hauptwege.

Der Brunnen in der Mitte des grossen Bazaars

Viel spannender wäre da doch gewiss die Entdeckung dieses versteckten Hofes. Hier arbeiten Handwerker noch im ganz alten Stil. Wir entdeckten ihn in der Nähe der Teppichhändler. Diese versuchten gar nicht unz zum Genuss von Apfeltees zu zwingen, trotzdem wollten wir nicht immer nur Teppiche sehen und, sieh an, ein kleines Juwel wurde entdeckt.

Ein Innenhof im grossen Bazaar. mit Bäumen

Ein paar Meter daneben ging es dann mit dem üblichen Bazaarleben weiter.

Überblick über die wuseligen Bazaarbesucher

Der kulinarische Höhepunkt des Tages war das Fischessen unter der Galatabrücke. Das habe ich ja schon hier angekündigt und am vorletzten Tag haben wir es ausprobiert. Die Restaurants sind vermutlich alle gleich gut und die Preise alle ähnlich. Zu entscheiden ist nur ob es Platz am Wasser, im Wind oder auch neben sympathischen Reisegruppen gibt. In einer grösseren Gruppe sollte man sein, damit gemeinsam ein großer Fisch verspeist werden kann. Die Kellner beraten dabei gut und wir fanden uns zu fünft um einen ca. 75 cm langen Fisch wieder. Dazu wurde Wein gereicht.

Im Anschluss wollte ich Nachaufnahmen in Istanbul machen. Zwar gibt es Motive genug und auch das Stativ hatte ich ja noch dabei. Aber die Brücke schwingt einfach, wenn eine Strassenbahn darüber fährt oder auch ein LKW. So sind von den unzähligen Aufnahmen nur diese drei vorzeigbar.

Zunächst der Blick über die Brücke in Richtung Sultanahmet:

Blick über die Galatabrücke in Richtung Sultanahmet

Ein Blick zum Steg der Ausflugsboote:

Die Lichter der Ausflugsboote spiegeln sich im goldenen Horn

Und hier vom Ende der Galatabrücke in Richtung Eyüp:

Blick in Richtung goldenes Horn bei Nacht

Die bekannteren Motive, wie Galataturm, Bosporusbrücke oder auch Sultanahmet sind mir alle verwackelt. Es braucht einfach zu lange für das Licht.

Dies war der fünfte Teil der Istanbulreise, vierte Teil beschrieb den Besuch auf der Prinzeninsel. Der letzte Teil beschreibt einen abschliessenden Spaziergang über den Sultanahmet.

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